GiNN-BerlinKontor.—Bundesfinanzminister Wolfgang SCHÄUBLE (CDU) schließt Steuererhöhungen nicht aus und will im Rahmen der angekündigten radikalen Sparorgie in allen Ressorts auch den € 40 Milliarden-”Hartz IV”-Pott beschneiden. Zur Sanierung des Haushalts würden “alle Bürger in einem für sie zumutbaren Maße beitragen müssen”. FDP-Chef Guido WESTERWELLE hatte dies schon viel früher ins Gespräch gebracht und dafür Prügel bezogen. Jetzt sagt Schäuble: “Ja – hier muss etwas geleistet werden.” Der Regierende Bürgermeister in Berlin und SPD-Vize Klaus WOWEREIT sagte in der ZDF-Sendung Maybrit Illner: „Wenn der Bürger Leistungen haben will, dann muss er sie auch bezahlen. Dann müssen wir Steuern erhöhen“, so der Sozialdemokrat.
Bundesarbeitsministerin Ursula VON DER LEYEN (CDU), die den Arbeitslosentopf verwaltet, hat festgestellt, dass es im Sozialsystem Leistungen gibt, “die nicht dazu dienen, Arbeitslose wieder inn reguläre Arbeit zu bringen”. Die deutsche Verschuldung beträgt 80 % des Bruttoinlandsprodukts.
Der Finanzminister sagt, er wolle die “Haushaltsverhandlungen nicht öffentlich führen”, tut es aber doch. Der BILD am SOINNTAG (30.05.) sagte er: “Das Schöne an Deutschland ist, dass wir ein hoch entwickelter Sozialstaat sind. Das darf nicht mit Armut verwechselt werden. Wir sind in der Lage, für jeden Menschen das Existenzminimum zu sichern.” Der Finanzminister will alle Ressorts zum Sparen zwingen.
Für den hessischen FDP-Vorsitzende Jörg-Uwe HAHN, Justizminister und Vize-Ministerpräsident in Hessen, ist der CDU-Minister Schäuble (CDU) eine „Belastung für die Bundesregierung“. Wer jetzt davon rede, dass Steuererhöhungen “keine Quälinstrumente für die Bürger seien, der verkennt die Situation“, sagte Hahn der Leipziger Volkszeitung (31.05.). Schäuble selbst sei zum “zum Quälinstrument in der bürgerlichen Koalition im Bund geworden”, tönt der Liberale und beahuptet, Schäuble wolle den Koalitionspartner FDP “vorführen und richtig demütigen”. Die Bundeskanzlerin müsse jetzt einschreiten, so Hahn.
FDP-Chef und Außenminister Guido WESTERWELLE (“Ich arbeite mit Schäuble gut zusammen.”) betonte, Sparen sei angesagt. Bei den reduzierten Mehrwertsteuersätzen gebe es zum Beispiel “Ungerechtigkeiten”. Allerdings dürfe es nicht zu höheren Abgaben kommen – Steuererhöhungen schloss er kategorisch aus und sprach sich gegen Sparmaßnahmen bei Forschung und Bildung aus. Nun müsse “intelligent” gespart werden, meinte Westerwelle im ARD-”Bericht aus Berlin” (30.05.).
Auch CSU-Chef Horst SEEHOFER kündigte “massiven Widerstand” gegen die Pläne an, zur Sanierung des Haushalts Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge anzuheben. “Mit der CSU wird es keine Steuererhöhungen geben, nicht beim halben oder ganzen Mehrwertsteuersatz, nicht bei der Lohn- oder Einkommenssteuer”, so der bayerische Ministerpräsident in der Süddeutschen Zeitung (29.05.). Das gelte auch für mögliche Beitragserhöhungen bei der Kranken- oder Arbeitslosenversicherung.
Offen zeigte sich Seehofer jedoch für einen umfassenden Subventionensabbau. Das gelte für direkt gezahlte Subventionen, aber auch für steuerliche Vergünstigungen, die wie Subventionen wirkten. Beides halte seine Partei zur Konsolidierung des Haushalts “ausdrücklich für möglich”.
Für den Parlamentarischen Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Otto FRICKE, kommt eine Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht in Frage. Angesichts des Sparzwangs sei die FDP aber bereit, einiges zu überdenken. Fricke: “Es ist niemandem zu erklären, dass etwa Babywindeln mit 19 % und edle Zuchtpferde mit 7 % besteuert werden”. Vor diesem Hintergrund müsse auch das Mehrwertsteuerprivileg für Hoteliers “auf den Prüfstand gestellt” werden. Die Senkung des Mehrwertsteuersatzes für das Hotelgewerbe von 19 auf 7 % war zu Jahresbeginn auf Druck von FDP und CSU eingeführt worden und in Kraft getreten.”
DIE GRÜNEN forderten die CDU/CSU/FDP-Regierung auf, zur Haushaltskonsolidierung die Steuern zu erhöhen. “Wir schlagen eine zeitlich befristete, einmalige Vermögensabgabe für große Privatvermögen und eine Reform der Erbschaftssteuer vor. Zudem muss der Spitzensteuersatz von derzeit 42 auf 45 % steigen”, sagte Grünen-Parteichef Cem ÖZDEMIR der RHEINISCHEN POST und fordert eine Kerosin-Abgabe für den Flugverkehr und die Einführung einer Brennelementesteuer. Allein durch den Abbau solcher Subventionen, bzw. die Abschaffung von Ausnahmeregelungen könne man den Haushalt um bis zu € 16 Milliarden jährlich entlasten, hat der GRÜNEN-Chef ausgerechnet.