GiNN-BerlinKontor.—Der Abzugstermin der internationalen Truppen aus Afghanistan soll in der Abschlusserklärung der Kabuler Konferenz, die am 20.07. begann, verbindlich festgeschrieben werden. Der afghanische Präsident Hamid KARSAI erklärte zur Eröffnung des Treffens, sein Land strebe bis 2014 die Übernahme der Verantwortung für die Sicherheit am Hindukusch an. “Ich bleibe entschlossen, dass unsere afghanischen Sicherheitskräfte für alle militärischen und strafrechtlichen Operationen in unserem Land bis 2014 verantwortlich sind”, sagte Karsai. Für die nächsten drei Jahre verfüge seine Regierung über “genügend ausländische Finanzmittel”, um dies vorzubereiten. Rund € 600 Millionen sollen für ein so genanntes Aussteiger-Programm für Taliban-Kämpfer zur Verfügung gestellt werden. Die Gefahr, dass dieses Geld jedoch für Waffenkäufe mißbraucht werden könnte, ist groß.
Die Konferenz in Kabul ist “eine wichtige Wegmarke” zur Übergabe der Sicherheitsverantwortung durch die Kabuler Regierung , betonte der deutsche Außebnminister Guido WESTERWELLE (FDP) vor seiner Abreise nach Kabul. Seit der Londoner Afghanistan-Konferenz 2009 habe es viele Fortschritte, aber auch immer wieder Rückschläge gegeben. Von den 134 Distrikten im deutschen Verantwortungsbereich in Nordafghanistan gälten acht als “besonders gefährlich”.
Die internationale Gemeinschaft sei bei der Verwirklichung einer selbsttragenden Sicherheit im Land weitergekommen. So werde man zum Beispiel die gesetzte Zielmarke von 134 000 afghanischen Truppen bis Oktober dieses Jahres fast erreicht haben, sagte Westerwelle. Derzeit umfasst die afghanische Armee fast 130 000 Soldaten. Auch das Ziel, bis Jahresmitte 260 deutsche Polizisten und Ausbilder nach Afghanistan zu entsenden, würde erfüllt, versprach der deutsche Minister.
Bündnis 90/Die Grünen forderten die Bundesregierung auf, in Kabul darauf zu drängen, dass alle Aktivitäten eingestellt werden, die einer politischen Lösung entgegenstehen. Im zivilen Bereich müssten “realistische und verbindliche Zwischenziele für Sicherheit, Entwicklung und Governance” erstellt werden. Der ISAF-Einsatz in Afghanistan müsse “der Stabilisierung und nicht der offensiven militärischen Aufstandsbekämpfung dienen”, so die GRÜNEN, die bisher den militärischen Einsatz der Bundeswehr in Afganistan befürwortet und unterstützt haben. DIE GRÜNEN setzen zudem auf eine “Verhandlungslösung mit den aufständischen Gruppen” in Afghanistan.
Auf der Kabuler Afghanistan-Konferenz – so Die Grünen – müsse unter anderem sichergestellt sein, dass “die Zivilgesellschaft- insbesondere Frauen” – beteiligt werden. Zudem müsse die unabhängige afghanische Menschenrechtskommission finanziell und politisch “bestmöglich unterstützt” werden. Menschenrechtsverletzungen müssten im Rahmen des “Versöhnungsprozesses” aufgedeckt und aufgearbeitet werden.
UN0-Generalsekretär BAN Ki Moon, der an der Afghanistan-Konfernez teilnimmt, sagte in New York, die Vereinten Nationen (VN) erwarteten von Präsident Karsai und seiner Regierung einen “konkreten Aktionsplan” zur Verbesserung der Sicherheitslage. Karsai müsse überdies darlegen, wie er die “Korruption bekämpfen und den Versöhnungsprozess im Land voranbringen” wolle.
US-Außenminsterin Hilllary R. CLINTON versicherte nach einem Gespräch mit Präsident Karzai in Kabul, die Vereinigten Staaten würden Afghanistan nach dem Abzug der Truppen weiterhin unterstützen. Der Beginn des Truppenabzugs sei “der Beginn einer neuen Phase, nicht das Ende unseres Engagements”, unterstrich die US-amerikanische Außenministerin. Es werde eine langfristige Aufgabe sein, ein stabiles, sicheres und friedliches Afghanistan zu schaffen. Die Übernahme der “kompletten Verantwortung über das Land ” durch die afghanische Regierung und seine Behörden dürfe nicht mehr “unbegrenzt herausgeschoben” werden, mahnte Clinton.
In der afghanischen Hauptstadt Kabul beraten unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen Vertreter – darunter 40 Außenminister – aus 60 Ländern und Organisationen über das weitere Vorgehen in Afghanistan. Es ist die größte Konferenz in Kabul seit über 30 Jahren.